Was gute Qualität im Gesundheitsbereich ausmacht

Qualität wird immer wichtiger. Kein Wunder: Schliesslich möchte jeder in den Genuss von qualitativ hochwertigen Produkten und Dienstleistungen kommen. Der Gesundheits- beziehungsweise Rehabilitationssektor macht da keine Ausnahme. Im Gegenteil: Hier sollte Qualität wohl noch grösser geschrieben werden, geht es doch um das, laut Mark Twain, «höchste Gut»: die Gesundheit. Was aber macht gute Qualität im Gesundheitsbereich aus? Wer ist in den Kliniken Valens für Qualität verantwortlich? Und welche Auswirkungen hat die Fusion mit den Zürcher RehaZentren auf das Qualitätsmanagement?

Umgangssprachlich wird der Begriff Qualität meist wertend benutzt und – grob gesagt – in «gut» oder «schlecht» eingeteilt. Auch in den Kliniken Valens werden Patientinnen und Patienten sowie Mitarbeitende regelmässig nach ihrer Meinung beziehungsweise Zufriedenheit befragt – sprich: Sie werden gebeten, die Leistungen im Rahmen von Fragebögen oder Umfragen zu  bewerten». Um aber Qualität messbar zu machen und in der Folge verbessern zu können, reicht eine subjektive Betrachtungsweise nicht aus. Daher wird im Qualitätsmanagement (QM) die objektive Definition von Qualität verwendet, die auf das lateinische «qualitas» zurückgeführt wird, was so viel bedeutet wie «Beschaffenheit». Neutral gesprochen gibt Qualität also an, in welchem Masse ein Produkt oder eine Dienstleistung die bestehenden Anforderungen erfüllt. Und es ist Aufgabe des Qualitätsmanagements, Massnahmen zur Planung, Steuerung und Optimierung von Prozessen zu entwickeln, sodass diese dem neuesten Stand der Wissenschaft entsprechen. Oder um es mit den Worten von Katharina Barrett, QM- und Datenschutzbeauftragte der Kliniken Valens, zu sagen: «Wir legen die Werkzeuge auf den Tisch, die es den Mitarbeitenden erleichtern, ihre Arbeit qualitativ und zur Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten zu erbringen. Für die Qualität sind somit nicht wir vom Qualitätsmanagement allein zuständig, sondern alle.» Klaus Büttner, QM-Leiter der Zürcher RehaZentren, fügt hinzu: «Wir befähigen Mitarbeitende dazu, Qualität zu definieren, zu dokumentieren, zu produzieren und zu reproduzieren. So kann Qualität gemessen und bewertet werden, sodass wir gemeinsam mit den Mitarbeitenden aus den Ergebnissen Schlüsse ziehen können, wie wir die Qualität weiter verbessern können. Das ist ein stetiger Kreislauf.»

Noch mehr Vielfalt

Produktion und Reproduktion mag auf den ersten Blick nicht ins Gesundheitswesen passen. Und es gibt gewiss Bereiche, in denen standardisierte Prozesse keinen Platz haben und Ärzte, Pflegende sowie Therapeutinnen situativ und in gewisser Weise auch intuitiv handeln müssen. Wo aber Arbeiten immer gleich durchgeführt werden, spielt Effizienz eine wesentliche Rolle. So etwa bei der Patientenaufnahme: Nach dem Erstkontakt an der Réception werden die Patientinnen und Patienten von einem interdisziplinären Team (Medizin, Pflege, Therapie) aufgenommen. Wie dies tatsächlich vonstattengeht, wann welche Untersuchungen durchgeführt oder welches Assessment beziehungsweise welche Beurteilungs- und Einschätzungsstrategien angewendet werden, ist von Standort zu Standort verschieden. Ein weiteres Beispiel ist die Therapie: Verordnet werden lediglich Therapieformen, die inhaltliche Gestaltung liegt indes im Kompetenzbereich der Therapeutinnen und Therapeuten. So kann es etwa aufgrund eines personellen Wechsels zu einer Umgestaltung der Therapieinhalte kommen, obwohl sich an der verordneten Therapieform nichts geändert hat. Dies kann freilich Verwirrung und Unsicherheiten bei den Patientinnen und Patienten erzeugen – obwohl beide Inhalte den «state of the art» darstellen können. Hier ist die Kommunikation essenziell.

Durch die Fusion mit den Zürcher RehaZentren sind die Kliniken Valens zu einem noch grösseren Betrieb mit einer noch grösseren Vielzahl an Charakteren geworden. Hinzu kommt, dass die einzelnen Häuser und Angebote unterschiedlicher nicht sein Vom Streben nach Verbesserung könnten: von Boutique-Kliniken wie Bad Ragaz oder Walzenhausen über Rehakliniken bis hin zu ambulanten Einrichtungen und Reha-Casa, sprich Telerehabilitation zu Hause. Nun gilt es Schritt für Schritt zusammenzufinden – zum Wohle der Patientinnen und Patienten sowie der Mitarbeitenden.

Mit Mass und Ziel

Dass Katharina Barrett und Klaus Büttner eine gemeinsame QM-Strategie erarbeitet haben, bedeutet nicht, dass künftig alles standardisiert wird und sämtliche Abläufe im gesamten Klinikverbund vereinheitlicht werden. Schliesslich lebt ein Dienstleistungsbetrieb von den Menschen, die diese Dienstleistungen erbringen. Dennoch brauche es einen gewissen Rahmen, so Katharina Barett, «in dem sich die Mitarbeitenden bewegen und ihre Arbeit am Patienten bzw. an der Patientin durchführen können. Diesen Rahmen erarbeiten wir gemeinsam mit den Mitarbeitenden.» Dass man dabei den gesunden Menschenverstand walten lassen müsse, ist für Klaus Büttner besonders wichtig: «Unsere Maxime ist: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Wir müssen uns also immer anschauen: Wo machen Standards Sinn? In welchen Tiefen machen sie Sinn? Und wo sollen die Kliniken und Personen selbst entscheiden? Und ja, das ist mitunter eine Gratwanderung.»

Doch der langjährige Qualitätsexperte ist guter Dinge. Schon allein, weil er davon überzeugt ist, dass standardisierte Prozesse den Alltag erheblich erleichtern und für alle verbessern können: «Standardisierung hat oft einen negativen Touch, dabei sollte man die Benefits sehen. Denn Standards bedeuten für die Mitarbeitenden eine Entlastung, da Prozesse sozusagen nebenherlaufen können, während sie mehr Zeit haben, sich um die Patientinnen und Patienten zu kümmern. Mehr Zeit für Gespräche, Empathie und Menschlichkeit. All die Dinge, die häufig zu kurz kommen.» Patientinnen und Patienten einbeziehen Nicht nur die Mitarbeitenden tragen zur Qualität bei. Genauso wichtig sind beispielsweise die zuweisenden Ärztinnen und Ärzte, die künftig sowohl in den Rehabilitationsprozess als auch ins Qualitätsmanagement verstärkt einbezogen werden sollen. Des Weiteren ist man in den Kliniken Valens stetig bemüht, die Patientinnen und Patienten mit an Bord zu holen – ganz nach dem Motto der WHO-Initiative «Engaging patients for patient safety» und dem gemeinsamen Slogan der D-A-CH-Länder: «Mehr Sicherheit. Für Patient:innen. Mit Patient:innen.»

Das macht nachhaltig Sinn: unter anderem, weil Heilung nicht nur während der Therapie passiert. Und so stehen den Patientinnen und Patienten in sämtlichen Häusern der Klinikgruppe zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, um abseits des Therapieplans noch ein bisschen mehr zu machen. Wobei es jeder und jedem selbst überlassen ist. Es geht also in jeder Hinsicht um Eigenverantwortung und darum, ins Vertrauen zu kommen, aktiv zur Genesung und Gesundheit beitragen zu können. Speziell im Rehabereich ist es von enormer Bedeutung, dass die Patientinnen und Patienten für sich selbst einstehen, mitdenken und Teil des Ganzen sind. Man muss ja auch an die Zeit nach der Entlassung denken.

Eine Frage der Fehlerkultur

Dass sowohl in den Kliniken Valens als auch in den Zürcher RehaZentren alles für die Patientensicherheit getan wird, steht ausser Frage. So wird etwa eine Reihe von Instrumenten eingesetzt, um Schwachstellen so früh wie möglich zu erkennen, zu analysieren und zu beheben. Ein bewährtes Tool, das in allen Häusern zum Einsatz kommt, ist das Critical Incident Reporting System, kurz CIRS: ein Meldesystem, bei dem «Beinahe-Ereignisse und -Fehler» gemeldet werden können. In sogenannten CIRS-Zirkeln, bestehend aus Kaderärzten, Pflege- und Therapieexperten, Pharmazeuten und Mitarbeitenden des Service-Centers eines Hauses, werden diese Meldungen alle zwei Wochen eingehend besprochen und, sofern nötig, weitere Massnahmen – zum Beispiel betreffend Schulungen, Systeme, Infrastruktur, technische Geräte o. a. – ergriffen, die zur Sicherheit aller beitragen.

Es wäre übrigens ein Trugschluss, zu denken: Werden keine Fehler gemeldet, sind auch keine passiert. «Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler», sagt Katharina Barrett. «Das werden wir nicht verhindern können. Wir können nur ein System schaffen, in dem Fehler weniger häufig auftreten.» Klaus Büttner ist überdies überzeugt: «Wer Fehler vermeiden möchte, muss Fehler zulassen – und darüber reden und nachdenken, wie man sie in Zukunft verhindern kann.» Für die beiden Experten ist das ganz klar eine Frage der Kultur. Es verwundert somit nicht, dass man sich in den Kliniken Valens einer positiven Fehlerkultur verschrieben hat: So ist jeder Mitarbeitende angehalten, potenzielle Sicherheitslücken oder Gefahren- beziehungsweise Unfallquellen zu melden. Wer etwas sieht, das sicherheitsrelevant für die Patientinnen und Patienten oder auch für die Mitarbeitenden selbst ist, kann und soll das jederzeit anonym melden. «Wären nur wir vom QM für die Qualität in unseren Häusern zuständig, wäre es um unsere Qualität schlecht bestellt», bringt es Klaus Büttner mit einem zwinkernden Auge auf den Punkt und unterstreicht damit das, was der US-amerikanische Ökonom Armand V. Feigenbaum bereits in den 1960er-Jahren sagte: «Qualität ist jedermanns Aufgabe.»

 

Dieser Beitrag erschien in unserem Voilà-Magazin.